May 5, 2012

Errpeehzwölf - die Re:publica mit @girlscanblog

Wer noch nie auf der Re:publica war, muss wissen, dass sie im Grunde eine Twittererkonferenz ist. Ein Ort, an dem sich Leute, die unter Nicknames Kurznachrichten schreiben, mal im RL ("Real Life") sehen möchten. Sehen wie: von weitem Betrachten. Re:publicaner sind Leute, die es schaffen, alle gleichzeitig an einem nicht-virtuellen Ort zu sein, und es trotzdem fertig bringen, nur neben Leuten zu stehen, die sie auch sonst jeden Tag treffen. In der Kalkscheune, dem ursprünglichen Veranstaltungsort, hatte mensch für derlei Verhalten noch brauchbare Ausreden: zu voll, zu verwinkelt, zu weit weg vom total nahen Friedrichstadtpalast, wo die andere Hälfte des Programms stattfand. In der neuen Location, der STATION Berlin, ziehen diese Ausreden nicht mehr.
Die STATION ist ein alter Bahnhof turned Event-Areal. Ihre Hallen und Räume sind über einen Hof miteinander verbunden, der zum einzigen Ein- und Ausgang führt. Durch den Mangel an nahgelegenen Restaurants ist man gezwungen, drei Tage lang in Sichtweite aller zu essen. Ob man will oder nicht, man erkennt an jeder Ecke Leute. Die man dann irgendwie nicht grüßt. Obwohl sie sich für fast dieselben Themen interessieren wie man selber und zum Glück auch weniger gut aussehen als auf ihren coolen Profilbildern. Alleine herumstehen ist allerdings immer noch besser, als wieder zu gehen. Zu Hause wäre nämlich nur wieder das Internet, in dem alle, aber auch wirklich absolut alle, über die Re:publica reden.

Auch dabei: die Bloggerinnen @einaugenschmaus und @ninialagrande
Wer aufgrund beruflicher Verpflichtungen das Pecht hatte, nicht alle drei Tage anwesend sein zu können, dem soll für's nächste Mal gesagt sein: Für die Teilnahme an der Re:publica kann Bildungsurlaub eingereicht werden. Oder natürlich normaler Urlaub, was aufgrund des privaten Interesses der meisten Teilnehmer an den besprochenen Themen und dem vielen Freibier gar keine so abwegige Idee ist.

Wo liegt überhaupt dieses Äthiopien? Markos Lemma klärt auf.
Experten wie Leander Wattig (@wasmitbuechern) oder Markos Lemma (@eweket) erzählen einem auf der Re:publica nämlich Dinge, die man wirklich noch nicht wusste: Dass die Top 10 der deutschsprachigen Autoren 41% aller ausbezahlten Schriftstellerhonorare kassieren. Dass die Leute in Äthiopien nicht Internetzugänge fordern, sondern Zugang zu Facebook. Nur etwa ein Prozent der äthiopischen Bevölkerung verfügt über einen Internetanschluss - dasselbe eine Prozent, welches Englisch spricht. Da die Kommunikation vor Ort in erster Linie mündlich auf der Straße funktioniert, drucken manche äthiopischen Blogger ihre Artikel aus und verteilen sie als Flugblätter. Überhaupt muss sich ändern, dass die meisten Informationen, die über Äthiopien im Netz erhältlich sind, von Nicht-Äthiopiern bereitgestellt werden. Blogger wie Daniel Berhane und Billene Seyoum arbeiten daran.

Nette Helfer hinter Speakerin
Der Titel meines eigenen Workshops lautete dieses Jahr "Delete!". Die Idee war, auf unterhaltsame Art laut darüber nachzudenken, welche der eigenen Social Network-Profile, die sich über die Jahre angesammelt haben, eigentlich noch nötig sind. Der Höhepunkt der Session sollte sein, dass ich nach Diskussion mit dem Publikum ein paar davon öffentlich lösche. Nach zweitägigem Last Minute-Orga-Chaos und ein paar bemerkenswerten Aussagen ("Wie, du brauchst für deine Präsentation eine Leinwand und einen Beamer? Das hatten wir nicht vermutet. In dem Fall würde ich dich bitten, dir im Programm selbst einen freien Slot auf einer Bühne zu suchen, die über diese Ausstattung verfügt." - WTF?!?), hat ein fähiger Bühnenmanager gut mit dem Zufall gearbeitet und mir den perfekten Raum organisiert. Anstatt im akustisch höchst problematischen Open Space, dessen Sessions auf dem offiziell verteilten, ausgedruckten Programm übrigens gar nicht aufgeführt waren, durfte ich Stage 8 besetzen. Abgesehen von dem auf allen Re:publicas chronisch fehlenden WLAN war dort die benötigte Technik vorhanden. Zusätzlich war der Raum etwas abgelegen, dadurch relativ ruhig, und bot genug Platz für die knapp vierzig Leute, die dann doch noch kamen. Besonders gefreut hat mich die lebhafte Diskussion im Anschluss an meinen Vortrag, die über eine Stunde dauerte und mit einem Bier im Hof endete. Zufriedene Tweets aus dem Publikum, zum Beispiel dieser, gehen immer noch runter wie Öl und machen mich froh und glücklich. Danke an alle, die da waren!

Teil des besten Workshop-Publikums der Welt: @keasone und @zwo_null

Insgesamt ist die Re:publica inzwischen weit mehr als das Nerd-Klassentreffen, als das sie gerne bezeichnet wird. Mit SpeakerInnen wie Neelie Kroes (@neeliekroeseu) und Steffen Seibert (@regsprecher) und gesellschaftlich relevanten Themen wie Barrierefreiheit, Menschenrechte, Gleichstellung und Demokratieförderung mausert sie sich zu einem wegweisenden, partizipativen, internationalen ThinkTank. Dank der Vernetzung seiner Besucher untereinander und mit der Allgemeinheit ist dieser Think Tank in den Möglichkeiten seiner Einflussnahme einzigartig. Die Re:publica ist außerdem eine der wenigen Konferenzen, auf deren zweiten und dritten Tag man sich ebenso freut wie auf den ersten. Die angenehme Atmosphäre dieses Jahr lag dabei sicherlich nicht zuletzt am hohen Frauenanteil unter den Speakern und im Publikum.
Auch wenn die Konferenz immer größer und somit die Konkurrenz jedes Jahr härter wird, hoffe ich sehr, dass ich nächstes Jahr wieder als Speakerin dabei sein darf. Mich persönlich hat die #rp12 nämlich daran erinnert, warum ich vor sieben Jahren mit dem Bloggen begonnen habe, und mir so Lust darauf gemacht, damit endlich wieder weiterzumachen. Vielleicht seltener auf Englisch, aber meinungsfreudig und thematisch ein bißchen breiter gefächert. Hauptsache, ich kann 2013 wieder im Hof der STATION in der Sonne stehen und Menschen wie das happyschnitzel von weitem erkennen.

4 comments:

  1. Und sehr schön, dich mal live und in Farbe zu sehen!

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  2. Danke, hat mich auch gefreut! :)

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  3. Lovely! Mehr davon bitte gerne 2013 und ab jetzt mit abonniertem RSS in jedem deiner Postings! Merci für die Mention und was den Tweet angeht, aber sehr gerne doch! (:

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  4. Thanks for mentioning the smallest blogger community in Ethiopia. Hope i had more time to discuss with you in person - but i am following your posts here.

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