Oct 3, 2012

Warum Bloggen manchmal scheiße ist. Und wie das wieder vorbeigeht.

Image Source: sihthappens
Vor einigen Tagen schrieb Smilla einen Beitrag, in dem sie erklärt, warum sie auf ihrem Blog in Zukunft einige Dinge anders machen wird. Es geht in ihrem Text darum, dass Zeit eine knappe Ressource ist: mit zunehmenden Engagements, die sich durch das Bloggen ergeben, schwindet der Spielraum, den man dafür zur Verfügung hat. Und Smilla fragt sich, warum sie anderen Leuten viel Raum gibt, aber sich selbst durch ein immer gleiches, wiederkehrendes Portrait-Format in ein Korsett zwängt, welches ihr nach all den Jahren vielleicht gar nicht mehr gefällt.

Diejenigen unter Euch, die Girls Can Blog schon etwas länger kennen, ahnen vielleicht, dass ich eine Weile lang in einem ähnlichen Dilemma steckte. Einerseits fand ich das Projekt GCB, und alles, wofür es steht - Frauen im Netz, Feminismus, Vernetzung, Bildung, Kunst, Kultur - nach wie vor absolut super und unbedingt erhaltenswert. Andererseits gibt es nicht umsonst schon länger keine klassischen Bloggerinnenportraits mehr. Ich konnte die immer gleichen Fragen meiner Interviews, die ich ursprünglich natürlich ganz absichtlich standardisiert hatte, um mir nicht noch zusätzliche Arbeit aufzuhalsen, nicht mehr sehen. Ich hatte keine Zeit und keine Lust mehr, alle noch so spannenden Antworten ins Englische oder Deutsche zu übersetzen. Mein Blog mutierte neben einer Teilzeitstelle und immer mehr freien Aufträgen - die ich, genau wie Smilla, liebe! - zu einer Stressquelle, die Email nach Email ausspuckte und Aufmerksamkeit forderte, wo meine Konzentrationsfähigkeit längst erschöpft war. Uff. Ich legte also eine ziemlich lange Pause ein und stopfte die immer größer werdenden Lücken zwischen zwei Beiträgen mit ein paar hübschen Bildern. Das Blog aufzugeben kam zwar nie in Frage, aber eine Antwort darauf, was in Zukunft daraus werden sollte, hatte ich auch nicht.

Ich habe also ein paar andere Dinge viel Yoga gemacht, hin und wieder einen faulen Nachmittag genossen und darüber nachgedacht, es nach einer unglaublich kurzen Novelle vielleicht doch mal mit einem Roman zu versuchen. Eine Idee wäre vorhanden, aber SchrifstellerIn ist, wie eine meiner besten Freundinnen jetzt sagen würde, nicht umsonst ein Beruf. Es wäre wohl auch hier alles andere als einfach, alles unter einen Hut zu bekommen. Zumal mich das ewige Sitzen vor Bildschirmen zunehmend anödet.*

Klingt alles ziemlich chaotisch, fühlte sich eine Weile lang auch so an. Geht aber inzwischen wieder. Ich bin nämlich dahinter gekommen, dass das hier ja nicht umsonst mein höchsteigenes Blog ist, mein in den digitalen Aggregatzustand verwandelter Schweiß und meine pixelierten Tränen, die ich in verdammt nochmal alle Richtungen schubsen kann, in die ich sie schubsen will. Ich habe nicht geschworen, ewig das immer selbe zu tun, niemandem hoch und heilig versprochen, mich persönlich nicht zu entwickeln. In meinem Kopf sind mehr als vierzehn Fragen an die Welt. Manchmal finde ich HTML-Tags gut, manchmal Klamotten und manchmal Sicherheitspolitik.

Daher erlaube ich mir von nun an etwas mehr Annina auf "Girls Can Blog"; und zwar, wann und wie immer es mir in den Kram passt. Auch wenn mir klar ist, dass nicht alle von Euch Hühner herzen wollen. Oder mehrere Stunden pro Woche auf einer Yogamatte abhängen. Aber vielleicht habt Ihr ja trotzdem Lust, noch eine Weile mitzulesen. Würde mich freuen.

* Aktuell spiele ich sogar mit dem Gedanken, einen Fernstudiengang in [Ihr werdet lachen, hab ich auch erst, aber was soll's:] "Massage, Wellness und Prävention" zu belegen. Wenn ich das wirklich mache, schreib ich was drüber. Versprochen.

6 comments:

  1. Liebe Annina, du hattest ja schon angekündigt, dass du vielleicht eine Art "Antwortpost" schreiben wirst, ich freu mich dass du's getan hast.

    Mit den Worten dass ich überlege warum ich anderen so "irre viel raum gebe" hab ich so meine schwierigkeiten, es klingt so hastig dahin gesprochen, als würde ich mir dabei noch quasi an den Kopf fassen oder an dee eigene Stirn schlagen.
    So ist e aber nicht gemeint gewesen, mir ist es wichtig das zu sagen, denn ich gebe den Raum gerne und habe lange überlegt, wie ich den Umstand am besten benennen oder beschreiben kann.

    Ich habe einfach in der letzten Zeit das Gefühl gehabt, selbst zu wenig Raum, im Sinne von raumgebender Zeit zu haben, so dass auf meinem Geben-Konto nicht mehr viel übrig war.

    Ich hoffe, du denkst jetzt nicht, boah, die legt ja jedes Wort auf die Goldwaage, (vielleicht tu ich das)
    ich stör mich an der abwehr die in dem Satz steckt und mir liegt sehr daran deutlich zu machen dass die Schieflage bei mir ist, nicht bei denen, denen ich im Blog Raum gebe.

    ich les auf jeden fall hier gerne weiter mit und freu mich auf die 15-7578 Frage die du noch so im Kopf und an die Welt hast.

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    1. Hi Smilla, ich verstehe, was Du meinst. Ich glaube, ich habe da auch ein bißchen von mir selbst gesprochen - auch wenn ich, genau wie Du, Anderen natürlich nur allzu gerne diesen Raum gegeben habe. Ich nehme das "irre" gern raus. Liebe Grüße und danke für Deinen ausführlichen Kommentar!

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  2. Annina, das mit der Zeiteinteilung ist so wahr! Ich finde, du hast einen guten Punkt gemacht: dein Blog, deine Entscheidung, was drauf kommt. Weiter so!

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    1. Danke, Katy! Ich bin froh, dass das Feedback auf diesen Post bisher positiv ist.

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  3. irgendwie seltsam - aber wahr. man sollte sich doch öfter mal daran erinnern, dass man nicht nur sich selbst generell mehr zeit und raum einräumt, sondern sich diesen auch im eigenen blog zugesteht....

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  4. Tach auch.
    Also ich glaube sogar an Multi-Blog-Projekte. Wann immer ich ein so spannendes Projekt angefangen habe, dass es nicht in mein privates Blog als Kategorie passte, hane ich ein eigenes Blog aufgemacht. In vielen Fällen mit mehreren Autoren, für meine eigene Freiberuflichkeit dann aber mit zielgerichtetem Inhalt, eigenem Podcast etc.

    Was soll ich sagen, ich stimme dem Gefühl das du hier beschreibst zu, oft frage ich mich ob dieses oder jenes Blog noch Lebensberechtigung hat. Dadurch, dass es ein eigenständiges Projekt ist, kann man dann auch nur dieses eine zu Grabe tragen.

    Ich finde allerdings das Argument Zeit, gerade vor dem Hintergrund der Beerdigung fast aller FAZ.net Blogs gerade, bedenklich. Ich bin jetzt mal ganz fies verallgemeinernd wenn ich schreibe "wir" Bloggerinnen und Blogger sollten definitiv dranbleiben, dafür kämpfen den "Beruf" Bloggerin und Blogger weiter zu etablieren. Ja ok, klingt wirklich etwas arg polemisch, aber nein ich stehe zu der Botschaft.

    Ich meine es ist doch schlimm das unsere Großeltern wissen was Facebook ist, aber unsere Blogs immer noch nicht verstanden haben. Dazu kommt, dass die Youtube Generation in die Arme einer eiskalt Hype-berechnenden Google-Crew läuft, ohne sich selbst um eine echte eigene Präsenz zu kümmern.

    Das mit den Phasen beim Bloggen wie du es beschreibst ist super und erklärt vieles. Ich hoffe das macht vielen Lesern Mut. Aber was es etwas leichter machen würde, wäre eine noch engere Vernetzung der Blogger hierzulande. Aber so lange lese ich sehr gerne von Hühnerherzen und Yoga, noch ein zwei Postings und du hast mich soweit eine Matte zu bestellen! :)

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